Montag, 19. November 2007
Misserfolge sind relativ
«Wandelnde Extrawurst» habe ich mich im Scherz oft bezeichnet. Da ist etwas Wahres dran. Den Satz «die anderen machen’s auch so», habe ich nie gemocht. Ich bin immer lieber meine Extratour gefahren, mit allen dazu gehörigen Umwegen. Das Wissen, dass etwas nicht funktionieren kann, hat mir nie gereicht. Ich wollte oft das Gegenteil beweisen. Wenn’s gelingt, umso schöner. Wenn nicht? Tja, dann kann’s schwierig werden. Sich als sportlicher Verlierer zeigen ist dann oft die beste Strategie, den Schaden nicht weiter anwachsen zu lassen. Und das Positivie sehen: Ich weiss jetzt, warum’s nicht funktionieren konnte.

Hin und wieder begegne ich unzufriedenen Menschen. Leute, die selten den Mut finden, etwas zu riskieren. Kein Wunder, sind sie unzufrieden.

Umgekehrt kenne ich Menschen, die Risiken eingehen, dafür aber auch auf manchen Misserfolg zurückblicken. Wenn ich mich genauer über ihre scheinbaren Misserfolge erkundige, relativiert sich vieles. Vieles, das sie als wertlos betrachten, finde ich ungemein spannend. Oft stecken ehrenwerte Motivationen hinter ihren Anstrengungen. Und vielfach wird schlicht übersehen oder vergessen, was daraus für wertvolle Erkenntnisse entstanden sind, dass unbezahlbare Erfahrungen gemacht wurden, gar Fähigkeiten gewonnen wurden.

Eine oft gemachtes Missverständnis scheint mir, finanziellem (Miss-)Erfolg zu viel Gewicht zu geben. Eine platte Weisheit, ich weiss. Wer weiss, was Existenzängste sind, weiss auch, wie fatal sich finanzieller Misserfolg auswirken kann. Seelisch und sogar körperlich. Dennoch: Die persönliche Bilanz kennt wichtigere Faktoren als den aktuellen Kontostand. Umso bedenklicher, dass Menschen, deren Leistung darin besteht, bestehendes Geld (Erbschaften!) wachsen zu lassen, in der Gesellschaft so hohes Ansehen geniessen.

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