Mittwoch, 7. Mai 2008
Zweites Leben
Irgendwo in diesem unglaublich weiten Net gibt es eine Person, bei der ich etwas gelesen habe, das mir aus der Seele gesprochen hat. Das liess mich deshalb nicht mehr los, weil ich selber auch mit einem ähnlichen Gedanken beschäftigt war.

Diese Frau sagte so ungefähr, dass sie froh sei, Alkoholikerin zu sein. Ihr sei – nach dem Entzug – ein zweites Leben geschenkt worden. Dieses geniesse sie jetzt viel intensiver als sie das sonst hätte tun können. So geht es mir auch.

Und noch besser: Es wurde mir nicht geschenkt, das habe ich mir erkämpft.


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Schade das du diese Frau nicht verlinkt hast. So hätte ich es auch lesen können.
Mein Mann trinkt wieder und ich kann nichts tun. Gerne hätte ich ihm das von der Frau mal vorlesen können.
Gibt es einen Grund warum du nicht verlinkst?
lg
Martina

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Den Link würde ich gerne setzen. Es ist lange her, dass ich das gelesen habe. Oder vielleicht habe ich das sogar im Fernsehen gesehen, damals.

Ich erinnere mich, wie ich mal erstaunt war, wie offen da eine Frau über ihr Leben gesprochen hat. Selber möchte ich ja die alten Zeiten nicht immer neu zum Thema machen. Mit ihrer Offenheit riskierte sie, dass sie noch ewig auf immer dieselbe Problematik angesprochen werden wird. Und ein Stück weit darauf reduziert wird.

Aber eben, ihre Worte sind noch in meinem Ohr und ich kann ihr wirklich nur beistimmen. Leider erkennen viele meiner Bekannten nicht, was sie sich für Möglichkeiten verbauen. Aber wie will mans ihnen sagen? Das muss man erlebt haben. Nie hätte ich das für möglich gehalten. Wenn ich jemanden hörte oder las, es gehe ihm nun so wahnsinnig viel besser, hielt ich das für Übertreibungen. Auf Floskeln wie «völlig neues Lebensgefühl» etc. war ich fast allergisch. Nun höre ich mich, wie ich mich genau auch so äussere. Hinter mir steht im Fall keine Organisation und auch keine Sekte (solche Verdachte hatte ich häufig).

Vielleicht sollte Dein Mann einmal die Menschen genauer beobachten, denen es wirklich gut geht. Solche, die ihn positiv beeindrucken. Je älter die sind, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass sie kaum Alkohol trinken. Oder gar keinen.

Auch den glücklichen Alkoholikern habe ich hinter die Fassade gekuckt (ich sah mich ja lange als solchen). Irgendwann hat's dann geschalten. Ich erkannte, dass ich mich selber behindere. Dass noch mehr möglich wäre. Nun habe ich die nötige Energie dazu, jetzt konnte ich mir neue Welten erschliessen. Das ist der Hit! Diese Erfahrung zu machen, dieses Privileg haben wir Alkoholiker.

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Mein Mann hat seinen Bruder jeden Tag vor Augen, der sich etwas sehr gutes aufgebaut hat. Er hilft ihm sogar dabei. Er sieht wie andere sich etwas aufbauen - gönnt ihnen es auch von Herzen.
Ich habe jetzt alles getan was ich tun konnte, das einzigste was ich noch nicht getan habe ist zu gehen. Du hast mal gesagt, soweit ich mich noch erinnern kann, das du es gut fandest und sehr wichtig das du nicht fallen gelassen wurdest von deiner Frau. Ja das habe ich jetzt 22 Jahre auch getan. Mein Mann hat nie jeden Tag getrunken und auch nie sehr viel, er ist auch nicht aggressiv geworden oder ausfallend. Ich habe ihm gesagt wie ich mir mein Leben vorstelle, ich sagte ihm - das ich als Kind gezwungen wurde in einem Umfeld zu sein wo alle getrunken haben, einschließlich meine Eltern. Sie hatten eine Gasstätte. Heute kann ich frei wählen. Die Liebe hat mich gehalten - doch man muss sie pflegen. Ich habe lange auf den Tag gewartet, gehen zu können, mit der Gewissheit alles getan zu haben. Ich habe jetzt 3 Tage lang mit ihm gesprochen, ihm gesagt was es mit mir macht wenn er Trinkt. Gestern hat er wieder getrunken - mit den Worten - ich habe mir ein Bier gegönnt. Ich gönne mir jetzt mein Leben zurück. Wenn unsere Liebe nicht der Grund sein kann auf zu hören - kann die Liebe nicht zu groß sein. Frauen warten sehr geduldig und lange, um eine Familie nicht zu zerstören - merken aber oft nicht, das sie schon lange zerstört ist. Meine große Tochter ist jetzt 18 und will auf eigenen Füßen stehen. Meine kleine ist 9 Jahre. Er ist ein sehr guter Vater und würde sie nie im Stich lassen - es sei den er würde immer mehr Trinken. Es ist wie es ist - alles hat einen Sinn. Ich werde jetzt nicht mehr hoffen, sonder gehen.
lg
Martina

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Ich masse mir kein Urteil an, was für Dich richtig ist und was falsch. So schwarz/weiss gibt es diese Kategorien wohl gar nicht.

Nur so viel: Seine Trinkerei belastet Dich über Gebühr. Vermutlich mehr als ihn selbst. Wenn dabei Du auf der Strecke bleibst, seid Ihr zwei Leidende. Das bringt niemandem etwas.

Ich habe mich immer auf den Standpunkt gestellt, dass ich für mein Leben selber verantwortlich bin. Dass ich meine Partnerin belastet habe, betrübt mich bis heute. Wie sehr ich sie belastet habe, kann und konnte ich nie abschätzen. Ein Scheissgefühl, diese Unsicherheit.

Wir trennten uns nach meinem Entzug. Ohne wäre es eh so weit gekommen. Nicht zuletzt deshalb habe ich ja aufgehört (es ist übrigens denkbar, dass wir uns ohne meine Trinkerei schon früher getrennt hätten). Wir haben seither einige Gespräche geführt und werden wohl ewig Freunde bleiben.

Ich hoffe, Dein Mann hat die Grösse, zu erkennen, dass Du nicht gegen ihn wirkst. Wenn er sich Dir gegenüber dankbar zeigt, kann er nochmals eine Chance nutzen. Die Chance, eine Freundschaft nicht zu zerstören. Die steht dann zwar auf einer anderen Basis, kann aber ungemein wertvoll sein.

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Das hat mich sehr berührt was du geschrieben hast. Heute habe ich einen guten Rat bekommen. Dinge zu tun die mir gut tun, mein Leben zu leben. Ihn zu lassen und zu vertrauen das er mir folgt. Frauen gehen oft vor und die Männer kommen nach. Ich halte mich nicht damit auf ihm zu sagen -wenn du das und das nicht lässt dann. Das würde nichts helfen, er würde nur noch mehr Trinken. Das Trinken gibt ihm halt. Vielleicht wenn ich vorgehe ohne ihn unter druck zu setzten, folgt er mir vielleicht. Die Zeit wird es zeigen. Ich weiß das er sich nicht trennen möchte - ich ja auch nicht. Ihm zu sagen - höre auf dann bleib ich da - sinnlos. Also Frauen taktig einschalten und los gehen - vertrauen lernen. Große Aufgabe, aber es könnte sich lohnen.
Danke für deine Zeit.
lg
Martina

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Jeder konstruktive Ansatz lohnt sich. Schau einfach, dass es Dir gut geht. Das ist nicht egoistisch, solange es niemandem schadet sowieso nicht.

Lieber Gruss
Stoe

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