Samstag, 3. März 2007
Entzug 3
3. September 2006



Über einen Monat hin senkte ich meinen Bierkonsum kontinuierlich. In der letzten Woche war es noch ein Liter am Tag. Hand auf’s Herz. Ende Woche war das so. Immerhin.

Einen Riesenabsturz zu feiern vor dem «Tag 1» schien mir eine wirklich schlechte Idee. Ich hatte mir also auch für diesen Samstag eine gewisse Zurückhaltung auferlegt.

Bis zum Nachtessen lag noch alles im grünen Bereich. Ich war nicht darauf vorbereitet, den Abend in grosser Runde zu verbringen. Und da zu einem Käsefondue – etwas vom Leckersten, diese Schweizer Spezialität – Weisswein fast obligatorisch dazugehört (genauso wie ein Gläslein Kirschenschnaps*) kam es, wie es kommen musste. Es wurde ein ausgesprochen lustiger Abend.

Er gipfelte darin, dass ich nach dem Essen meine Hemmungen verlor, was mir ausserordentlich gefiel. In der Bar bombardierte ich den DJ mit Musikwünschen. Dieser gab ordentlich Gas. So habe ich nach Jahren sogar wieder Mal meine schönste Luftgitarre ausgepackt und die längst nicht mehr langen Haare zu hartem Rock geschüttelt.

Um drei Uhr morgens kam ich nach Hause. Besoffen, müde, glücklich. Wohlwissend, dass ich am Sonntag leiden würde. Meine Begleiter wussten übrigens von meinen Vorsätzen nichts. Meine Freundin war bereits im Urlaub.

* Schnaps rührte ich so gut wie nie an, ausser eben zum Fondue

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Donnerstag, 1. März 2007
Entzug 2
«Trinken Sie einfach Mal drei Jahre nicht»



Wir waren so verblieben, dass ich mir überlegen sollte, ob für mich ein Leben ohne Alkohol überhaupt vorstellen könne. Seit dem letzten Termin waren schon fast zwei Monate vergangen und bei mir die Überzeugung gereift, dass das sehr wohl möglich sein müsste. Für einige Wochen hatte ich das ja schon vorher hin und wieder durchgezogen. Ich konnte mir das nicht nur vorstellen, sondern ich wollte es unbedingt.

Aber wirklich gar nie mehr einen Schluck Bier? Lebenslänglich. Nein, das überstieg nun meine Vorstellungskraft. In diesem Punkt klemmt’s bei mir bis heute. «Gut, dann trinken Sie einfach Mal drei Jahre nicht», reagierte die Ärztin auf meine Unsicherheit. Nichts, gar nichts, bis zum 3. September* 2009. Oder gar dem vierten.

Solche Zeithorizonte kenne ich sonst nur aus den Fussballkurzmeldungen. Da wird regelmässig verkündet, wer da wieder einen Vertrag über zwei und noch mehr Jahre abgeschlossen habe. Eingehalten werden diese Verträge höchst selten.

• der 3. September sollte der letzte Tag sein, an dem ich ein Bier geniesse. Das geschilderte Gespräch fand etwa anfangs August statt.

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«Wie lange trinkst Du schon nicht mehr?»
Als mir gestern diese Frage gestellt wurde, hatte ich schnell gerechnet. Übermorgen wird es ein halbes Jahr sein.

Währenddem ich – höflich wie ich ja schliesslich bin – die Frage beantwortet habe, ist mir etwas schlagartig klar geworden: Die Dauer hat für mich keine Bedeutung, lässt mich kalt.

Klar bin ich stolz darauf, finde es aber mittlerweile einfach völlig normal, mich auf meine Tasse Kaffee zu freuen. Wenn andere trinken, solidarisiere ich mich gerne mit den Kindern. «Das ist nichts für Dich», gilt auch für mich. Daran lässt sich weder für die Kinder noch für mich rütteln, darüber denke ich längst nicht mehr nach.


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Donnerstag, 15. Februar 2007
Entzug 1
«Können Sie sich vorstellen, ganz auf Alkohol zu verzichten?»



Ich war auf viele Antworten gefasst, als ich meiner Ärztin mein Trinkverhalten schilderte. Dennoch brachte mich ihre Frage in arge Verlegenheit. Mein Ziel war es seit Jahren, meinen Konsum auf ein vernünftiges Mass zu reduzieren.

Innerlich hatte ich mit mir den Deal abgeschlossen, dass ich mir eine Tür offen lassen kann, wenn ich mich dem Problem früh genug stelle. Die Rechnung wäre vielleicht auch aufgegangen, nur hätte ich dafür früher einsehen müssen, dass dafür konsequentes(!) Handeln unabdingbar ist.

Tut Euch also den Gefallen: Stellt Euch dem Problem so früh wie möglich! Der ach so unangenehme, gar peinlich scheinende Gang zum Arzt stellte sich für mich bald als grosse Befreiung heraus.

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Sonntag, 11. Februar 2007
Ein Bier, wie immer?
Oft wird Alkoholikern geraten, Cafés, Bars und Restaurants zu meiden. Davon halte ich rein gar nichts.

Aber: Meine abstinenten Zeit habe ich insofern vorbereitet, als ich dort, wo ich häufig verkehre, begann Kaffee oder Wasser zu bestellen. Zu Beginn kam es ein, zwei Mal vor, dass trotzdem ein Bier vor meiner Nase landete. Das Personal hatte sich das so angewöhnt. Wenn ich bestellte, hörten sie nur mit einem halben Ohr hin.

Erst als es (wieder) die normalste Sache der Welt war, dass meine Bestellungen nicht vorhersehbar sind, habe ich aufgehört, Bier zu trinken. Ich verkehre auch heute noch dort, wo man mich früher traf.

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Donnerstag, 8. Februar 2007
Apéros
«Gerne ein Glas Weisswein, der Herr?»

Berufsbedingt bin ich oft zu Apéros eingeladen. Das Glas Weisswein ist dort Standard. Zu Beginn meiner «Trockenzeit» fühlte ich mich fast etwas deplaziert, wenn ich die Frage danach ablehnen musste. Dabei ist die Sache doch so einfach:

Ich erwidere, ich verspüre wirklich starken Durst und bevorzuge daher ein Glas Wasser. Dieses leere ich in einem Zug und lasse sogleich nachfüllen. Die Frage «warum kein Alkohol?» kommt so gar nicht erst auf.

Ausserdem muss der Anbieter annehmen, dass ich mit dem Auto angereist bin.

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Montag, 29. Januar 2007
Wer tut mir gut?
In den Zeiten, in denen ich mich schlecht fühle, einsam und kaum aus dem Loch finde, überlege ich mir, wer mir gut tut. Das können meine besten Freunde sein, aber auch Bekanntschaften, von denen ich lange nichts mehr gehört habe.

Dank Internet und E-Mail ist es heute ein leichtes, Kontakte wieder aufzufrischen. Als «Opfer», die ich anschreibe, suche ich mir oft, aber nicht nur, Menschen mit einer positiven Ausstrahlung aus.

Der Aufwand dafür lohnt sich, auch wenn nicht Jede und Jeder auf mich gewartet hat. So meldet sich dann plötzlich wieder jemand gerade dann, wenn ich am wenigsten damit gerechnet habe. Die Freude ist dann umso grösser.

Übrigens, was mir in bierseligen Zeiten oft ein Greuel war, ein gemeinsames Mittagessen, macht mir – dank wiedergefundenem Appetit – wieder grossen Spass. Wetten, dass sich auch über Deinen Anruf jemand freut? Manchmal muss ich lange überlegen, wer das sein könnte. Meistens suche ich ganze einfach auch zu weit. Und: Keine falschen Hemmungen, die Angesprochene oder der Vielbeschäftigte kann höchstens Nein sagen. Fast immer kontern sie aber mit einer Gegeneinladung oder einem Gegenvorschlag, einer Postkarte, einem Gruss über gemeinsame Bekannte oder was auch immer. Zu verlieren gibt es da nichts.

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Dienstag, 23. Januar 2007
Leben mit der Sucht
Eine interessante Site, auf der sich Betroffene mit verschiedenen Hintergründen äussern. Inklusive Chat.

Leben mit der Sucht

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