Dienstag, 7. August 2007
Begegnung
Heute habe ich eine Frau angetroffen, die ich gut mag. Sie hat dem Alkohol vor sieben Monaten abgeschworen. Tat richtig gut, sich auszutauschen!

Noch mehr gefreut hat mich, dass sie sichtlich aufgelebt ist. Für mich selber bewirkte das Gespräch, dass ich - weil ich sie schon lange nicht mehr gesehen hatte - eine Art Bilanz ziehen durfte. Wenn dabei jemand zuhört, der weiss, was auch kleine Erfolge bedeuten können, tut das unheimlich gut!

PS: Diese Frau hat übrigens nicht zuletzt dank der Gruppe der Anonymen Alkoholiker Halt gefunden.

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Donnerstag, 19. Juli 2007
Müde Gesellen
Den dringenden Ratschlag, dass man von seinen (trinkenden) Freunden Abstand nehmen soll, wenn man ein trockenes Leben anstrebt, habe ich anfänglich in den Wind geschlagen. Nun, nach bald einem Jahr Trockenheit blicke ich zurück und stelle fest, dass sich das auch ohne dringenden Vorsatz so ergeben hat.

Die Lethargie, mit der viele langjährige Bekanntschaften durchs Leben gehen, ertrage ich fast nicht mehr. Das Selbe gilt für dieses Vortäuschen von «Mit Alkohol habe ich kein Problem». Ich sehe immer genauer, wer sehr wohl ein Problem hat, auch wenn sich die Betroffenen teilweise tatsächlich nicht bewusst sind, dass sie es haben – und wie sehr es ihre Lebensqualität beeinträchtigt.

Dass ich mich hier so äussere, drückt eine gewisse Arroganz aus, die mich selber stört. Die hat sich so entwickelt, ohne dass ich das wollte. Und genau deshalb meide ich diese müden Gesellen mittlerweile. Wenn Biertrinker – statt ihre kleinen Aufgaben im Alltag umgehend anzupacken – aus jedem Detail einen grossen Berg wachsen lassen, habe ich Mühe. Da kann ich nicht mehr hinhören. Oder ich höre hin und kann mir einen abwertenden Kommentar nicht verkneifen. Warum? Weil ich's kenne, weil ich genau gleich funktioniert/nicht funktioniert habe.


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Mittwoch, 23. Mai 2007
Komplimente
Lange Zeit hatte ich das Gefühl, mit nichts so richtig Erfolg zu haben. Vor ein paar Jahren wurde mir bewusst, dass ich negative Kritik viel zu ernst und vielfach persönlich nehme. Komplimente hingegen nahm ich kaum wahr.

Den Vorsatz, positive Rückmeldungen systematisch zu notieren habe ich nie umgesetzt. Obwohl, so einfältig die Idee klingen mag; mir hätte das in schwierigen Momenten helfen können.

Seit einigen Monaten kann auch ich die Komplimente nicht mehr überhören und überlesen. Einige SMS-Nachrichten habe ich nun notiert, das sind derartige Aufsteller, die will ich nie mehr vergessen. Gestern habe ich einen Brief von einer Kundin erhalten, die mit Superlativen (wie z.B. «genial!») nicht geizte. Klar, darüber habe ich mich gefreut, per E-Mail das Kompliment kurz zurückgegeben und mich für die Zusammenarbeit bedankt. Den Brief habe ich dann umgehend ins Altpapier geschmissen. Nun habe ich ihn wieder dort rausgefischt und lasse ihn noch einige Tage auf dem Pult liegen. Tut jedes Mal gut, den zu lesen.

Und die Moral von der Geschicht? Statt immer wieder auf's Neue um Anerkennung zu kämpfen, will ich zuerst die Anerkennung wahrnehmen, die mir zuteil wird.

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Dienstag, 8. Mai 2007
Triebfeder
Eine meiner Triebfedern, dem Alkohol zu entsagen, wird mir erst in diesen Tagen bewusst. Offenbar muss ich daran gelitten haben, dass ich bei gewissen Menschen nicht ankommen konnte.

Freundschaften bedeuten mir schlicht alles. Von Menschen, die ich mag, sauge ich enorm viel auf. Dass ich bei einigen, vor deren intellektuellen, kreativen oder welchen Leistungen und Fähigkeiten auch immer ich Respekt habe, auf unausgesprochene Vorbehalte stiess, muss mich gewurmt haben.

Ich habe zwar auch in fröhlicher Bierrunde Freundschaft genossen. Das Geplaudere (um nicht zu sagen Gelalle) hat mir aber doch nicht ganz das gegeben, was ich mir wünschte.

Zu einem Austausch, der mich fordert und weiterbringt, fand ich nur noch beschränkt Zugang. Bewusst wird mir das jetzt, wo ich mit neuen Bekanntschaften teilweise gemeinsame Ziele verfolge, wo mein Beitrag geschätzt wird und wo man sich auf mich einlässt. So erweitert sich mein Horizont, das ist mir wichtig.

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Donnerstag, 1. März 2007
«Wie lange trinkst Du schon nicht mehr?»
Als mir gestern diese Frage gestellt wurde, hatte ich schnell gerechnet. Übermorgen wird es ein halbes Jahr sein.

Währenddem ich – höflich wie ich ja schliesslich bin – die Frage beantwortet habe, ist mir etwas schlagartig klar geworden: Die Dauer hat für mich keine Bedeutung, lässt mich kalt.

Klar bin ich stolz darauf, finde es aber mittlerweile einfach völlig normal, mich auf meine Tasse Kaffee zu freuen. Wenn andere trinken, solidarisiere ich mich gerne mit den Kindern. «Das ist nichts für Dich», gilt auch für mich. Daran lässt sich weder für die Kinder noch für mich rütteln, darüber denke ich längst nicht mehr nach.


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Montag, 29. Januar 2007
Wer tut mir gut?
In den Zeiten, in denen ich mich schlecht fühle, einsam und kaum aus dem Loch finde, überlege ich mir, wer mir gut tut. Das können meine besten Freunde sein, aber auch Bekanntschaften, von denen ich lange nichts mehr gehört habe.

Dank Internet und E-Mail ist es heute ein leichtes, Kontakte wieder aufzufrischen. Als «Opfer», die ich anschreibe, suche ich mir oft, aber nicht nur, Menschen mit einer positiven Ausstrahlung aus.

Der Aufwand dafür lohnt sich, auch wenn nicht Jede und Jeder auf mich gewartet hat. So meldet sich dann plötzlich wieder jemand gerade dann, wenn ich am wenigsten damit gerechnet habe. Die Freude ist dann umso grösser.

Übrigens, was mir in bierseligen Zeiten oft ein Greuel war, ein gemeinsames Mittagessen, macht mir – dank wiedergefundenem Appetit – wieder grossen Spass. Wetten, dass sich auch über Deinen Anruf jemand freut? Manchmal muss ich lange überlegen, wer das sein könnte. Meistens suche ich ganze einfach auch zu weit. Und: Keine falschen Hemmungen, die Angesprochene oder der Vielbeschäftigte kann höchstens Nein sagen. Fast immer kontern sie aber mit einer Gegeneinladung oder einem Gegenvorschlag, einer Postkarte, einem Gruss über gemeinsame Bekannte oder was auch immer. Zu verlieren gibt es da nichts.

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Dienstag, 12. Dezember 2006
Vergleichen
Tut Euch etwas nicht an: Vergleicht Eure Trinkgewohnheiten nicht mit denjenigen von Freunden. Und auch nicht mit denjenigen von Leuten, die Ihr nicht mögt oder gar verachtet.



Jedes Mal, wenn ich dachte «so wie DER möchte ich nie werden» steuerte ich mein Verhalten prompt in diese Richtung. Es gab eine Zeit da fand ich das Bier in der Mittagspause ganz und gar nicht cool. Und schon gar nicht scheissnormal. Heute geht es mir wieder so. Dazwischen aber kippte ich munter meine Bierchen, statt die Pause zu nutzen, mir feste Nahrung zuzuführen.

Wenn Bekannte schnöden, ich hätte es damals nicht bei übermässigem Bierkonsum bleiben lassen, lenken sie von ihrem eigenen Problem ab. Sie vergleichen sich mit mir. Das ist ungemein beruhigend, weil es ihre Suchtgewohnheiten relativiert. Schön, nur was nützt es ihnen?

Das Thema Selbstbetrug werde ich in diesem Blog noch aufgreifen. Vermutlich sogar mehrmals, denn dieser ist in Bezug auf Sucht ein sehr zentraler Punkt.

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Das be(un)ruhigende Gefühl



Heute habe ich einen Abend mit Berufskollegen, ebenfalls selbständigen Unternehmern, verbracht. In Gesellschaft dieser Leute fühle ich mich eigentlich sehr wohl. Heute aber fühlte ich mich irgendwie klein. Entsprechend habe ich Aussagen gemacht, die durchblicken liessen, dass ich über sehr sehr wenig Selbstvertrauen besitze.

Das stimmt ja manchmal durchaus. Aber gerade jetzt, in dieser Zeit, in der es mir soo gut läuft, entspricht es nicht meinem Gefühl.

Hätte ich getrunken, wäre der Alkohol an meinen verdrehten Äusserungen schuld gewesen. Ich hätte mir entsprechend Vorwürfe gemacht.

Heute denke ich, es war die Müdigkeit. Ausserdem hat mich der Anruf meiner Ex-Freundin verwirrt. Für die Müdigkeit kann ich nichts. Oder doch? Ja, klar, ich habe viel gearbeitet. Habe mich müde gemacht. Müde und stolz.

Das ist es, wofür es sich lohnt, die Trinkerei sein zu lassen! Die Gewissheit, mit sich im Reinen zu sein. Wenn etwas schief geht, geht es aus irgendwelchen Gründen schief. Gründen, die Jede und Jeden treffen können. Aber der Selbstvorwurf des Alkoholkonsums entfällt. Und die Angst des unausgesprochenen Vorwurfs Anderer sowieso.

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Sonntag, 10. Dezember 2006
Falsche Freunde
Wenn Du Dich zum Ausstieg entschliesst, oder einfach hin und wieder was anderes als ein Bier bestellst, wirst Du Dich früher oder später über die Reaktionen Deiner Sitznachbarn oder wem auch immer aufregen.

Dagegen gibt es nur ein Mittel: Drüber stehen. Es zählt nur, was richtig ist für Dich. Was die Anderen tun, mag für sie richtig sein. Vergleichen und Urteilen hilft Dir selber nicht wirklich weiter.

In Deinem Umfeld werden sich Einzelne beinahe mit ungeschickten Reaktionen übertrumpfen. Fast immer sind es diejenigen im Umzug, die selber mit einem kleineren oder grösseren Alkoholproblem kämpfen. Dies im Bewusstsein fällt es mir leicht, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und gelegentlich einen Spruch ganz einfach zu ignorieren.

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Freundschaft kündigen?
«Sie müssen sich einen neuen Freundeskreis aufbauen»

Dieser Satz stammt definitiv nicht von mir! Er ist nicht grundsätzlich falsch und bestimmt gut gemeint. Auf ihm begründet sich aber auch ein gewaltiger Irrtum: Für viele Trinker, die aufhören wollen, sind die Freunde ein ganz wichtiger Halt im Leben. So geht es jedenfalls mir.

Wer wirklich ein Freund ist und wer nicht, stellt sich bald heraus, wenn Du ein Getränk ablehnst, ein Glas stehen lässt oder etwas «bleifreies» trinkst. Wenn Freunde wissen, dass man die Finger vom Alkohol lassen will, haben sie dafür Verständnis. Auch wenn diesem Verständnis manchmal etwas nachgeholfen werden muss.

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