Donnerstag, 22. März 2007
Ping-Pong
Bei einem Freund beobachte ich, wie kontrolliertes Trinken funktioniert. Oder eben genau nicht funktioniert. Wenn ich ihm zusehe, sehe ich die selben Muster wie damals bei mir.

Zuerst setzt man sich ein Ziel: Nicht mehr als eine bestimmte Menge Bier am Tag darf es sein. Eine Weile lang geht das gut. Der Wille macht's möglich. Dann wird's immer mühsamer und die Erkenntnis, dass sich zu viel Druck kontraproduktiv auswirkt. Also nehmen wir's lockerer – und siehe da – trinken gar weniger.

Durch diese Erkenntnis bestärkt und erleichtert leben wir fröhlich weiter. Die Menge steigt wieder. Der Fall ist klar: So kann es nicht weitergehen. Der Wille steigt wieder, die Menge sinkt. Das Spiel beginnt von vorne. Über Jahre betrieben steigt die Alkoholmenge mit jedem von diesen Zyklen.

Die Energie, die für diese Selbstversuche aufgebracht werden muss, ist immens. (Fast) kein Mensch bringt kontrolliertes Trinken so auf die Reihe.

Irgendwann bleib nur der Entzug. Der erfordert in den ersten Wochen grossen Willen, aber dann wird der mentale Aufwand (verglichen mit kontrolliertem Trinken) viel viel geringer.

Ich habe nichts gegen die Idee des kontrollierten Trinken, finde es aber viel zu anstrengend. Ausserdem sind die Auswirkungen des konsequenten Verzichts derart grandios, dass ich kontrolliertes Trinken für mich definitiv aus den Gedanken gestrichen habe.

Übrigens, mein Freund wird bei seinen Versuchen von einem Fachmann beraten (Psychologe). Oder wurde es zumindest. Wetten, dass bald der Psychologe schuld ist, dass die Strategie nie hinhaut?

Was passiert, wenn man ganz mit dem Trinken aufhört, kann er nun bei mir beobachten. Seine Folgerung daraus müsste eigentlich klar sein. So ging es mir auch lange. Man wüsste, was man sollte, kriegt aber den Arsch nicht hoch. Bei allem Bemühen, mit sich ehrlich zu sein, ist und bleibt der einzig richtige Schritt eine unglaublich hohe Hürde. So unlogisch das auch ist, ich habe dafür Verständnis. Ich wünsche jedem, dass er zur Einsicht fähig ist (wird)! Zu seinem ganz eigenen, persönlichen Komfort.


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